Kollaborative Innovationsprozesse: Nicht Ziele planen, sondern Netzwerkdynamik mitsteuern

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In Forschungskooperation des Strascheg Center for Entrepreneurship (SCE) der Hochschule München und der Leiden University in den Niederlanden sind eine neue foresight - Methode zur Steuerung von Innovationsnetzwerken sowie ein Messinstrument für Innovationsprozesse in „real-time“ entstanden. Erarbeitet wurden diese im Forschungsprojekt „Dynamic Innovation Networks in Disaster Management“. Das von der Hella-Langer-Stiftung unterstützte Forschungsprojekt fand mit der Verteidigung der Dissertation „Real-time foresight – preparedness for dynamic innovation networks“ von Dr. Christina Weber am 20. Dezember 2016 in traditionell festlichem Rahmen an der altehrwürdigen Universität Leiden seinen erfolgreichen Abschluss. 

Globale Herausforderungen können nur in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Partnern gelöst werden. Seit einiger Zeit gelten Kooperationsnetzwerke deshalb als bestmögliche Infrastruktur, um aus Standorten Innovationsstandorte zu machen oder schnell und effektiv auf Krisen zu reagieren. In der Realität sieht es dann nach wie vor anders aus: Trotz digitaler Unterstützung und bestmöglicher Planung scheitern viele spannende Innovationsprojekte an der Schwierigkeit, Differenzen zu überwinden. Zusammenarbeit in Echtzeit, ohne vorab zu wissen, wohin der Prozess die Partner treibt, bleibt ein unkalkulierbares Risiko. Viele Organisationen und Unternehmen scheuen vor ad hoc Kollaboration mit fremden Partnern zurück, selbst wenn sie dringend innovative Lösungen benötigen.   

Im SCE Forschungsprojekt wurde am Beispiel Wiederaufbau nach globalen Katastrophen sehr genau untersucht, wie Kollaborationen in turbulenter Umgebung und unter hoher Unsicherheit und Dynamik erfolgreich, nachhaltig und innovativ sein können. Die Ergebnisse legen nahe, dass es keine unvermittelt guten „adhocracies“ gibt, sondern vielmehr manche Kollaborationen einer prozessualen Netzwerkdynamik folgen, anstatt ihre dynamischen Erfolgsmuster zu stören.          

In der vergleichenden Analyse kritischer Ereignisse, heterogener soziotechnischer Akteure und sich wiederholender Kommunikationsprozesse wurden drei komplexe globale Akteursnetzwerke über 7 Jahre betrachtet. Innovativer und nachhaltiger Wiederaufbau war demnach möglich, wenn 5 solche Erfolgsmuster nachweisbar ablaufen, und zusammen den Innovationsprozess aussteuern. Mit diesen Mustern, den sog. „dynamic network principles“, leistet die Studie einen wichtigen Beitrag zur Erforschung von prozessualer Netzwerksteuerung und zur Evaluation von Innovationsnetzwerken - und Gründungsteams.

„Real-time feedback und real-time foresight standen zu Beginn unserer Forschung nicht auf der Agenda“, so Dr. Christina Weber und Prof. Dr. Klaus Sailer „als es um die Frage ging, wieso traditionelle Planung und Management so oft versagen, wenn es um die innovative Lösung dringender Probleme geht. Explorative Studien sind daher auch Innovationsprojekte. Und ohne das Offenhalten des Forschungsprozesses mit allen Unsicherheiten gäbe es nicht die Erkenntnis der Erfolgsmuster.“

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Arbeit sind in der Bücherei der Universität Leiden online zugänglich (www.sce.de/real-time-foresight). Am SCE fließt „real-time foresight“ bereits in die Entrepreneurship-Lehrformate mit ein. Das Indikator-Modell zur Messung von Innovationsprozessen, während diese ablaufen, und nicht erst nachdem sie vorüber sind, ist für die Gründungsförderung von größtem Interesse und wird in weitere Forschungsprojekte am Inkubator der Hochschule München münden.

Kontakt:
Strascheg Center for Entrepreneurship
Dr. Christina Weber 
Leitung Forschung
Heßstraße 89
80797 München
christina.weber@sce.de